[RealMoneyTrader]: 4 Stufen des Rohstoff-Zyklus – Woran Sie die einzelnen Stadien erkennen

Rohstoffe sind für mich der spannendste Markt, und sie sind langfristig der lukrativste Markt, da hier zwar lange Phasen des „vor sich hin Dümpelns“ auftreten, die Rallye-Phasen aber stärker ausfallen, als in jeder anderen Assetklasse. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die meisten privaten Trader die einzelnen Phasen nicht verstehen und somit bei Niedrigstpreisen und absoluten Kaufkursen kapitulieren, statt es durchzuziehen. Rohstoff-Legenden, wie Jim Rogers, achten laut eigener Aussage kaum auf das perfekte Timing, sondern kaufen sich bei niedrigen Preisen und entsprechender fundamentaler Lage ein. Besagter Jim Rogers erkannte laut eigenem Bekunden bereits 1998, dass ein Rohstoff-Bullenmarkt voraus sei. Damals kaufte man Gold zu 300 Dollar (es stieg bis 1940 $), Silber zu 4-5 Dollar (der Preis verzehnfachte sich), Kaffee bei 80-100 Cent (es stieg bis über 300 Cent). Doch die nächsten vier Jahre verdiente man mit diesen Engagements rein gar nichts. Wenn man weiß, dass die Preise später um ein vielfaches anstiegen, wird man diese 4 Jahre der Stagnation auf niedrigem Niveau vielleicht weniger gravierend wahrnehmen. Aber machen Sie sich bewusst, dass damals (zumindest bis 2000) die Aktien nochmals um 100% angestiegen sind. Versetzen Sie sich in die Lage eines Traders, der Engagements hält, die über Jahre nichts abwerfen, während sich andere Assets verdoppeln. Das führt fast zwangsläufig zur Kapitulation am ungünstigsten Punkt (2001/2002), wenn man sich nicht die Eigenheiten und die einzelnen Stadien eines Rohstoffzyklus bewusst ist. Darum habe ich hier die vier wesentlichen Stufen und deren Merkmale eines Rohstoffzyklus skizziert. Gegenwärtig sind wir meines Erachtens in Stufe II.


Abbildung 1: CRB Index (Rohstoffbasket) seit 1749

Der langfristige Chart des CRB Commodity Index zeigt sowohl die Attraktivität, als auch die unangenehmen Eigenheiten von Rohstoffen: Sie steigen immer wieder senkrecht an, vervielfachen sich. Aber zwischen diesen gigantisch lukrativen Rallyes herrscht Trägheit. Meiner heutigen Überzeugung nach wird jemand erst dann verstehen, warum sich die Schmerzen während der Wartezeit auf eine Hausse lohnen, wenn er real erlebt hat, wie sich ein Rohstoff binnen weniger Wochen um 50 Prozent oder binnen weniger Monate um 100 Prozent gen Norden bewegt hat. Ich habe in meinen 22 Jahren Handelserfahrung einen Rohstoffbullenmarkt und die vorgeschaltete Phase der Stagnation auf niedrigem Preisniveau miterlebt und auch gehandelt. Ich weiß, was es mir abverlangt. Ich kenne aber auch die Entlohnung dafür!

Stufe II

Diese Stufe folgt auf eine Phase, in der hohe Preise (Ende der Hausse) zu einer Ausweitung der Produktion führten und mehr produziert wurde, als konsumiert worden ist. In Stufe II wird von den Beständen gezehrt (z.B. bei Erdgas zu sehen), das wirtschaftliche Umfeld ist stabil, in einigen Regionen wächst die Wirtschaft bereits deutlich (USA), in anderen noch nicht stark (China, Brasilien etc.). Die Preise sind in dieser Phase noch niedrig. Ein entscheidendes Merkmal in Stufe II ist die einsetzende Produzentenflucht. Achten Sie unbedingt auf diesen Faktor!

Produzentenflucht

Wenn, wie wir es nun über mehrere Jahre in Märkten, wie Kaffee und Zucker, erleben, die Preise dauerhaft unter den Produktionskosten liegen, setzt ein wesentlicher Faktor, der stark steigende Preise begünstigt ein: die Aufgabe oder Flucht von Produzenten. Dieser Schritt erfolgt natürlich nicht aus emotionalen Motiven oder einer Laune heraus (das machen Retailtrader so, nicht aber große Firmen), sondern dann, wenn der Leidensdruck durch zu niedrige Weltmarktpreise lange schon sehr groß ist. Achten Sie daher auf Meldungen, wie jene vom weltgrößten Zuckerproduzent Südzucker vom 12.03.2019, als man kommunizierte, dass man sich aus dem Weltmarkt zurückziehen wolle. Wenn Produzenten aufgeben bedeutet dies eine Verknappung des Angebots und begünstigt steigende Preise im langfristigen Zeitfenster. Erwarten Sie dabei aber nicht, dass der Markt sofort durch die Decke geht. Dazu sind die kurzfristig preisdrückenden Faktoren (hohe Lagerbestände, gute Ernten, zu geringes Weltwirtschaftswachstum) noch zu dominant.

Quelle: WAZ vom 12.03.2019

Rohstoffe sind Nachfrage-dominierte Märkte!

Statistische Untersuchungen ergaben, dass Rohstoffpreisschocks (nach oben und unten) zu etwa 80% von der Nachfrageseite verursacht werden. Eine große Schwierigkeit im Handel von Rohstoffen ist aus meiner Sicht, dass man die Prozesse und einzelnen Faktoren zwar irgendwann verstanden haben kann, es einen dann aber irritiert, wenn der Markt auf bestimmte Meldungen zunächst gar nicht reagiert. Nehmen Sie beispielsweise den Ausbruch der Schweinegrippe in China im Herbst 2018 und die Ausdehnung Anfang 2019. Wer dachte, dass der Preis dann nur noch steigen könne, war sicher zunächst irritiert. Denn Magerschwein fiel – und das nicht zu knapp. Erst, als China kommunizierte, man wolle trotz Handelskrieg mit den USA Magerschwein importieren, um die Angebotsdelle auszugleichen, schoss der Preis senkrecht gen Norden. Bei Kaffee war im Dezember 2013 bereits von Dürre und entsprechenden Schäden für die Ernte die Rede. Der Preis hatte sich ein wenig stabilisiert, aber man konnte noch eine ganze Weile zu recht niedrigen Preisen kaufen. Und bei Zucker sind vermutlich auch viele irritiert, die obige Meldung seitens Südzucker gelesen haben, und einen senkrechten Zuckerpreisanstieg erwarteten. Solche Entscheidungen, derartige Meldungen sind für mich das Fundament eines Preisanstiegs. Absolut essenziell, wie die Bodenplatte beim Hausbau. Aber ohne die nächsten Schritte (Mauer, Zwischendecken, Dach beim Hausbau) wird man noch nichts sehen (geschweige denn einziehen können, um bei dem Bild mit dem Haus zu bleiben). Eine Verknappung des Angebots ist aus sich heraus noch nicht preistreibend, solange die Bestände hoch sind. Erst, wenn die Nachfrageseite anspringt und stark von den Beständen gezehrt werden muss (etwa bei einem Ernteschaden), setzt eine Preisrallye ein.

Psychologie bei der Kapitulation unmittelbar vor Rallyebeginn

Auch hier kann ich aus meiner praktischen, real gehandelten Erfahrung berichten. Als bei Kaffeepreisen von etwa 118-120 Anfang 2014 über 15% Ernterückgang durch Dürre und starke Beeinträchtigungen berichtet wurde, irritierte es mich sehr, dass der Preis auf diese Meldung (als sie mich erreichte) sogar ein oder zwei Tage leicht rückläufig war. Warum so viele Trader an den denkbar ungünstigsten Punkten aus einer eigentlich guten Positionierung aussteigen ist einfach erklärt. Wenn man mit einer solchen Meldung die Erwartung einer direkt einsetzenden Preisrallye verknüpft, diese aber wider Erwarten nicht einsetzt, nimmt man den Markt umso schwächer wahr, und flüchtet. Ich dachte mir damals: „Wenn selbst solch eine Nachricht den Preis nicht nach oben katapultiert, dann schaut es ja ganz übel aus.“ Glücklicherweise habe ich einen Großteil meiner Positionen damals gehalten, da ich bereits anderthalb Dekaden Handelserfahrung hatte, und solche emotionalen Bewertungen nicht mehr allzu stark in den Handel durchschlagen ließ. Das Ende vom Lied war: Keine drei Monate später schlug der Kaffeepreis bei 223 US-Cent an und hatte sich glatt verdoppelt.

Conclusio

Bei Zucker will der weltgrößte Produzent sich vom Weltmarkt zurückziehen, die Kaffeefarmer aus Brasilien sind bereits an die Regierung herangetreten, und schlugen vor, diese könne ihnen Putoptionen verkaufen, durch die man die viel zu niedrigen Preise anheben kann und sein Überleben sicherstellt. Die Ausgaben für die Exploration von Goldminen sind in den letzten 5 Jahren auf fast Null zurückgegangen. Zudem wurden folglich auch keine neuen Vorkommen erschlossen. Wer genau hinschaut, erkennt, dass wir im Prozess der Produzentenflucht bzw. der potenziellen Produzentenflucht sind. Jetzt gilt es, auf Wachstumssignale aus China und anderen wichtigen Wirtschaftsregionen zu achten, wie auch auf wetterbedingte Erntebeeinträchtigungen o.ä. Denn was noch fehlt ist ein sprunghafter Anstieg bei der Nachfrage!

Fazit: Rohstoffe sind die mit Abstand schlechtest-performenden Assets in den letzten 10 Jahren gewesen. Die meisten Trader wenden sich von solchen Märkten ab. Larry Williams sagte einmal zu mir „Die meisten schauen dorthin, wo es raschelt. Schau Du dorthin, wo gar kein Geräusch ist.“ Auf genau diese Weise macht man die wirklich großen Trades. Wir werden es erleben und hier dokumentieren, ob meine Erwartung, stark steigender Rohstoffpreise auf Sicht von 2-4 Jahren sich erfüllt oder nicht.


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