[RealMoneyTrader]: Kennen Sie das Auszahlungsprofil Ihrer Trading-Strategie(n)?

Um im Trading am langen Ende nicht nur zu überleben, sondern konsequent dabei zu bleiben, in guten und schlechten Zeiten, und infolge dessen Geld zu verdienen, ist es meiner Erfahrung nach unerlässlich, sich mit dem Weg zum Ziel (Erwartungswert der Strategie) zu befassen. Vielen Neulingen und Hobby-Börsianern mangelt es jedoch an Respekt vor der Komplexität dieses Geschäfts. Dadurch hegen sie völlig falsche Erwartungen, deren große Diskrepanz zu der Realität im praktischen Trading dann zu Frustration und Undiszipliniertheiten bis hin zur Aufgabe einer Strategie (Strategie-Hopping) führen kann.

Wer den Mount Everest besteigen möchte, sollte vorher wissen, welche Ausrüstung er benötigt, wie lange es in etwa dauert, welche Witterungsbedingungen ihn erwarten und welche Route am wenigsten gefährlich ist. Im Trading ist das nicht anders. Es reicht absolut nicht aus, sich ein Ziel zu setzen („ich möchte den Betrag x erwirtschaften“), sondern es ist zwingend notwendig, sich mit harten Zahlen und Fakten, die den Weg zum Ziel pflastern zu befassen. Konkret sind das Kennziffern, wie der maximale historische Draw Down der Strategie(n) in Dollar und in der Anzahl der Trades, aber auch das Auszahlungsprofil generell. Nur, wenn die Erwartung realistisch ist, wird sie mit dem tatsächlichen Verlauf konform gehen und der Trader wird eine realistische Chance haben, den Ansatz konsequent durchzuziehen. Meiner Erfahrung nach setzen sich die allerwenigsten Trader mit dem Charakter und dem Auszahlungsprofil ihrer Methodiken intensiv genug auseinander.

Ich habe viel zu viele Trader erlebt, die glaubten, es genüge, ein paar Regeln für eine Strategie auswendig zu lernen, dabei zwar den Erwartungswert (durchschnittlicher Gewinn per Trade und/oder per anno) einer Strategie kannten, sich aber mit dem Auszahlungsprofil nie ernsthaft befassten. Das Ende vom Lied war meist: Sie wurden ungeduldig, kapitulierten, gaben auf. Und all das nur, weil sie sich nicht bewusst machten, wie der Weg hin zum statistischen Erwartungswert ausschaut.

Hohe Trefferquoten + hohe Frequenz = niedrige Auszahlungsquoten

Trader, die glauben, es ginge im Handel um das „Recht haben“, und Börsianer, die aufgrund der Vorprägung durch ihren Job und die Familie ein hohes Maß an Sicherheit bevorzugen, wollen typischerweise Ansätze mit hohen Trefferquoten. Da beinahe jeder Trader zumindest anfangs auch aktionistisch ist (schließlich will man ja schnell vorankommen und es erscheint ja so einfach) landen nicht wenige bei Ansätzen, die oft handeln und häufig treffen, aber eine niedrige Auszahlungsquote (sprich geringen Gewinn pro Trade) aufweisen. Vorzufinden ist ein solches Auszahlungsprofil zum Beispiel bei unsinnig optimierten Expert Advisors (vollautomatischen Handelssystemen) und beim klassischen Optionsschreiben (Optionen verkaufen). Auch wer Sportwetten anbietet hat übrigens ein solches Auszahlungsprofil. In den Jahren 2016 und 2017 hatten wir in zahlreichen Futuresmärkten unterdurchschnittliche Volatilitäten, bis hin zu einem fast zum Erliegen kommenden Markt. Da war Geduld und ein Bewusstsein für das Auszahlungsprofil und den langfristigen Erwartungswert gefragt, wie ich weiter unten aufzeigen werde. Wer beides nicht hatte, schaute sich um und wechselte den Ansatz in Richtung Optionsschreiben. Einige glaubten, das sei ein Ansatz, der stetig performt und damit der Ungeduld entgegen wirkt. Nun, das war ein fataler Irrtum. Und niemand hat die Trader darauf aufmerksam gemacht, dass sich an der Börse aufgrund der Effizienz der Märkte einfach nichts abkürzen lässt. Denn jeder Ansatz hat unter bestimmten Marktbedingungen Phasen, in denen er verliert. Auch wer Optionen schreibt (verkauft) hat solche Phasen. Es ist zutreffend, dass ein Optionsseller lange sehr stetig performen kann. ABER mit deutlich geringeren Prozentwerten bei der Performance. Was jedoch problematischer ist: Wenn die Volatilität explodiert, wie es im Februar/März 2018 der Fall war, dann verliert der Ottonormal-Optionsverkäufer schnell sehr viel. Und bis er diesen Betrag wieder aufgeholt hat, vergehen dann durchaus 2-3 Jahre. Genau jene 2-3 Jahre, die man einmal pro Dekade im Futuresbereich bei einem direktionalen, Breakout- und Trendansatz auf der Stelle tritt.

Schauen wir uns zunächst einmal das Auszahlungsprofil eines Ansatzes mit hoher Trefferquote und hoher Handelsfrequenz bei gleichzeitig niedriger Auszahlungsquote an.

Abbildung 1: Auszahlungsprofil (Equity) bei hoher Trefferquote und häufigen Trades

Sowohl beim Optionsverkaufen, als auch bei vollautomatischen Handelssystemen (EA´s), die stark optimiert sind und/oder OHNE Stopp agieren, schaut das Auszahlungsprofil prinzipiell so aus. Die Strategie trifft oft, mutet lange Zeit sehr stetig an, aber WENN sie einmal auf ein sehr ungünstiges Umfeld trifft (und das wird sie ganz, ganz sicher!), dann verliert man schnell sehr viel und benötigt unzählige Trades, um das wieder aufzuholen. Das kann dann schon mal 12-24 Monate dauern, ehe diese Scharte ausgewetzt ist. Das ist überhaupt nicht schlecht oder negativ. Nur es ist wichtig, sich dies bewusst zu machen, dass genau das passieren wird. Denn wer denkt, es gäbe einen Ansatz, der immer und unter allen Bedingungen stetig performt, der erliegt dem größten Irrtum überhaupt. Zudem sollte man sich bewusst machen, dass man mit dem Optionsselling niemals an die Renditechancen direktionaler Ansätze im Futuresbereich heran kommen wird! Auch das ist keinesfalls negativ, aber es ist wichtig, das zu verstehen!

 

Auszahlungsprofil eines direktionalen Ansatzes im Futuresbereich mit normaler Trefferquote

Direktionale Ansätze, wie ich sie fahre, haben geringere Trefferquoten und handeln seltener, dafür aber sind die Auszahlungsquoten per Trade und die durchschnittliche Performance per anno ungleich höher. Freilich hat auch dies einen „Haken“, wenn man so will: Ich hänge am Tropf der Volatilität und brauche ein gewisses Mindestmaß. Nicht viel zwar, aber ein bisschen Bewegung braucht es zwingend. Hier ist die Performance weniger stetig. Gewinnphasen sind kürzer gegenüber den Draw Down Phasen, dafür aber auch heftiger. Viele Trades neutralisieren sich über einen längeren Zeitraum, ehe dann die wenigen Pacemaker (große Einzelgewinner) kommen. Es ist unheimlich wichtig, sich diesen Charakter der Methodiken bewusst zu machen. Denn sonst kommen hier Ungeduld oder beim Auszahlungsprofil eines Optionsschreibers Frustration und Kapitulation nach einer heftigen Verlustphase.

 

Abbildung 2: Auszahlungsprofil eines typischen direktionalen, nicht überoptimierten Ansatzes

 

Die „Dürrephasen“ in der Equity dauern naturgemäß einige Wochen bis hin zu sechs Monaten, je nach Strategie. Einmal in der Dekade muss ich mich darauf einstellen, dass es 1,5 bis 2 Jahre nicht voran geht. 2016/2017 gab es solch eine Phase. Im Endeffekt kürzt man aber an der Börse mit keinem Ansatz etwas ab. Wer bei mir und meinen Methoden keine Geduld hatte in diesen knapp 2 Jahren, der wird genau diese Zeit nun möglicherweise benötigen, um den Draw Down bei den Optionen aufzuholen. Die Wartezeit ist die Gleiche. Nur ist der Performance-Erwartungswert im Futures-Trading größer, so dass es meiner Ansicht nach eine solche Wartezeit auch eher rechtfertigt.

 

Fazit: Es geht nicht darum, einen Ansatz besser, als den anderen darzustellen. Denn jeder Trader hat unterschiedliche Ziele und Schwerpunkte in seinem Trading. Was uns aber alle angeht ist die Notwendigkeit, sich das individuelle Auszahlungsprofil der eigenen Strategie(n) bewusst zu machen und sich regelmäßig damit auseinanderzusetzen. Ob man nun Futures mit Breakout- und Trendtechniken handelt oder Optionen verkauft – wir alle müssen sehr genau unser Auszahlungsprofil kennen, um in den zwangsläufig auftretenden schlechten Phasen nicht emotional zu werden und die Brocken hinzuschmeißen!

 

 

 

 

 

 

 

 


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